Dramatik pur – Drittes Turnier des Standard-A-Teams in Göttingen
Das 3. Turnier der Saison in der 1. Bundesliga entwickelte sich für das Standard-A-Team des Club Saltatio am vergangenen Samstag deutlich dramatischer als am Anfang zu vermuten gewesen wäre. Noch immer ging es um das Ziel des Klassenerhalts. Druck und Anspannung waren hoch und die Nerven von Trainern und Tänzern gespannt bis zum Anschlag. Was am Ende jedoch daraus wurde, war Nervenkitzel, spannend wie ein Krimi, gewürzt mit Schmerzen, Helden und viel Jubel für die hochprofessionelle Hamburger Leistung.
Dabei startete der Turniertag entspannt wie selten. Erst um halb zehn brach der Bus mit den Tänzern nach Göttingen auf, sodass pünktlich zur Hallenöffnung um 13 Uhr die gewohnt etwas beengende, aber immerhin mit eigener Dusche für das Team ausgestattete, Kabine in der Göttinger Sparkassenarena bezogen wurde. Viel Leerlauf blieb diesmal allerdings nicht und die Aufrüscharbeiten mussten zügig vonstattengehen. Doch auch dies meistert das eingeschworene Team mit Helfern und einigen B-Team-Begleitern mittlerweile routiniert.
Doch schon die Stellprobe zeigte, dass den Tänzern heute die Nerven flatterten. Nicht genug Ausdruck, schwammige Bilder und unnötige Unsauberkeiten im Ablauf. Das musste in den Turnierdurchgängen besser laufen. In der Vorrunde startete Hamburg dann an 3. Stelle. Doch leider zeigte sich das Team auch jetzt nicht mit bester Leitung. Bilder, die sonst sauber standen, wurden plötzlich unsauber, viele kleine Fehler schlichen sich ein und die Mannschaft wirkte nicht so synchron wie üblich. Zwar hatten sich Haltung und Rahmen, die in den vergangenen Wochen im Training die Fokusthemen waren, verbessert, doch realistischerweise rechneten alle mit dem kleinen Finale, in dem eine deutliche Steigerung gezeigt werden musste.
Nach der Vorrunde gab es keine Überraschung in der Zusammensetzung der Finals. Wieder musste Hamburg im kleinen Finale gegen Göttingen B und Grün-Weiß Braunschweig antreten. Die Stimmung war gedrückt, doch Hamburg ist und bleibt ein Team, das sich zusammenreißen kann, wenn es ernst wird. Womit jedoch keiner rechnete war, dass es das Schicksal diesmal nicht gut mit den Hamburgern zu meinen schien. Kaum hatte der Gong den Wertungsteil eingeläutet, stürzte Teamkapitän Jan bereits im ersten Tango unglücklich. Natürlich rappelte er sich schnellstmöglich wieder auf und fand in die Choreo zurück, doch nur Augenblicke später stellte sich heraus, dass der Sturz ernste Spuren hinterlassen hatte. Jan musste die Fläche verlassen, humpelte an den Rand und spendete trotz großer Schmerzen weiter motivierenden Jubel, denn der Durchgang wurde nicht abgebrochen. Sofort begann die Halle zu Beben vor frenetischem Applaus! Hamburg tanzte weiter und Jans Tanzpartnerin Christa war nun als Einzelkämpferin unterwegs. Das fantastische Göttinger Publikum belohnte die Tänzer mit nicht enden wollendem Klatschen und Jubelrufen bis zum Schluss und trug die wie um ihr Leben tanzenden Hamburger Helden durch die gesamte Choreographie.
Was manche vielleicht nicht wissen, im Formationstraining wird auch für solche, zum Glück nur äußerst selten eintretenden Ernstfälle, hart trainiert. Jeder der Tänzer sollte in der Lage sein die Durchgänge auch allein sauber und souverän zu vertanzen, was Christa am Samstag eindrucksvoll vor jolender Menge bewies. Sogenannte Herren- und Damendurchgänge, sowie das Weitertanzen bei ausfallender Musik, werden deshalb regelmäßig ins Training integriert und dafür sind die Tänzer den Trainern an Tagen wie diesen mehr als dankbar.
Zwar wurde Hamburg wiederholt auf den 8. Platz gewertet und wird so mit ziemlicher Sicherheit in der kommenden Saison wieder in der 2. Bundesliga starten, doch dieser Durchgang wird den Tänzern noch lange als unvergleichlicher Gänsehautmoment in Erinnerung bleiben. Als zusätzliches Goodie durfte Hamburg sich an einer, in Tänzerkreisen schelmisch als „Loser-Torte“ betitelten, Aufheiterung der Göttinger Ausrichter erfreuen. So ist es Tradition, dass die letztplatzierte Mannschaft des Turniers einen Kuchen überreicht bekommt – ein Geschenk, das die Hamburger mit der nötigen Selbstironie und den Worten „Wenn schon absteigen, dann besser mit Torte als ohne“ gern annahmen. Auch, dass es für alle beteiligten Mannschaften einen Pokal gab tröstete ein wenig über die dramatische Entwicklung dieses Turniertages hinweg.
Jan wurde im Anschluss an den Durchgang von den Sanitätern versorgt und zur Abklärung des genauen Sachverhaltes um sein verletztes Knie von einem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren. Als Mit-Trainer des B-Teams stand er aber, wenn auch begleitet von Krücken, am Sonntag für das Regionalligaturnier seiner Mannschaft bereits wieder parat. Ob die Verletzung ihn für den weiteren Start in dieser Saison mit dem A-Team außer Gefecht setzt, werden erst die kommenden Tage und die Hamburger Ärzte entscheiden können.
Das Team jedenfalls dankt dem zauberhaften und vor unglaublich zahlreichen Publikum, den hochmotivierten Göttinger Ausrichtern, den hilfsbereiten Sanitätern, Christa und Jan für ihre Souveränität und dem bewahren eines kühlen Kopfes, egal wie heiß es herging und nicht zuletzt den Trainern für ihre beharrliche Vorbereitung auf diese „Passiert-sowas-jemals-wirklich-im-Turnier?“-Momente.
In zwei Wochen geht es für Hamburg in Nürnberg wieder aufs Parkett, diesmal hoffentlich ohne solcherlei Extremsituationen. Und selbst wenn der Klassenerhalt in beinahe unerreichbare Ferne gerückt ist, wird die Mannschaft weiter ihr Bestes zeigen. Sei es nur um der 1. Liga in eindrucksvoller Erinnerung zu bleiben, denn eins ist sicher: Wir haben Blut geleckt und kommen wieder!